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Getrost Vergessen auf dem DGPs Kongress 2022

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Das Getrost Vergessen Projekt war vom 10.-15. September 2022 auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hildesheim vertreten. Im vom SPP 1921 organisierten Symposium "Intentionales Vergessen, Veränderung & Technik(vertrauen) bei Teams und Individuen" stelle Lea Müller die Ergebnisse der längsschnittlichen Begleitung des Einführungsprozesses eines Informationssystems in einer Universitätsverwaltung vor.

Informationssysteme in der öffentlichen Verwaltung: Eine Längsschnittuntersuchung zu Vertrauen und dessen Auswirkungen auf das Vergessen irrelevanter Arbeitsprozesse

Müller, L., Nohe, C., Reiners, S., Becker, J., & Hertel, G.

Gesetzliche Vorgaben und gesellschaftliche Entwicklungen verpflichten öffentliche Verwaltungen zunehmend ihre Arbeitsprozesse vollkommen zu digitalisieren. Die damit einhergehende Einführung von Informationssystemen führt dazu, dass Beschäftigte ihre Arbeitsprozesse anpassen müssen, indem alte Gewohnheiten vergessen und durch neue ersetzt werden. Eine zentrale Voraussetzung für ein solches Vergessen ist, dass Nutzer*innen dem neuen System vertrauen. Obwohl Vertrauen theoretisch übereinstimmend als ein dynamisches Konstrukt definiert ist, fand dessen Entwicklung über die Zeit im Längsschnitt bislang wenig Beachtung. Die vorliegende Studie evaluierte die Einführung eines neuen Informationssystems innerhalb einer öffentlichen Verwaltung und untersuchte sowohl die Vertrauensentwicklung als auch dessen Prädiktoren und -outcomes. In einem Längsschnittdesign baten wir N = 313 Beschäftigte einer größeren öffentlichen Verwaltung, ein neu eingeführtes Informationssystem für die elektronische Rechnungsverarbeitung über vier Zeitpunkte zu bewerten (vor der Nutzung, nach der ersten Nutzung, nach fünf und nach zehn Monaten der Nutzung). Die Ergebnisse zeigten, dass sich das Vertrauen in das System mit der Zeit positiv, nicht-linear entwickelte. Zudem konnte gezeigt werden, dass sich Vertrauensprädiktoren mit der Zeit ändern. Vertrauensdisposition war mit initialem Vertrauen in das System assoziiert, während Systemeigenschaften positiv mit späterem Vertrauen zusammenhingen. Darüber hinaus wirkte sich das Vertrauen in das System zu den verschiedenen Erhebungszeitpunkten positiv auf die Arbeitsergebnisse der Nutzer aus, indem es das Vergessen irrelevanter Arbeitsprozesse förderte, die subjektive Arbeitsleistung erhöhte und das Stressempfinden reduzierte. Unsere Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle des Vertrauens für eine erfolgreiche Implementierung von Informationssystemen in der öffentlichen Verwaltung und bieten konkrete Lösungsansätze für den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen in solche Systeme.